2022: Nils Mohl

Die Jury des diesjährigen Guggenmos-Preises hatte wieder aufs Beste zu tun: 53 Lyrikbände, Bilder­bücher und Gedichtsammlungen aus den Produktionen deutschsprachiger Gedichtbände der Jahre 2020 bis 2022 wurden eingereicht und geprüft.

Herzliche Gratulation dem Hamburger Schriftsteller Nils Mohl zum Josef Guggenmos-Preis für Kinderlyrik!
Weitere sechs besonders gelungene Werke hat die Jury für die Empfehlungsliste ausgewählt.

Nils Mohl, geboren 1971, lebt als freier Schriftsteller und Drehbuch­autor in Hamburg. Für sein Werk wurde er vielfach ausgezeichnet, u. a. mit dem Deutschen Jugendliteraturpreis, dem Österreichischen Kinder- und Jugendbuchpreis, der Lola in Bronze beim Deutschen Filmpreis, dem Oldenburger Kinder- und Jugendbuchpreis und einem Stipendium am Deutschen Studienzentrum in Venedig.

Uwe-Michael Gutzschhahn

Nils Mohl
Foto: © a_mo

Nils Mohl

An die, die wir nicht werden wollen
Eine Teenager-Symphonie

Mit Illustrationen von Regina Kehn.
Innsbruck: Tyrolia 2021.
168 Seiten. 17,95 Euro. Ab 12 Jahren.
ISBN 978-3-7022-3956-5

Auf „Klimbimsons Insel“ lebt es sich ganz gut, das Wetter ist erfreulich, das Meer nah, sogar Satellitenfernsehn gibt es. Nur mit dem Kontakt zu anderen Menschen hapert es. Als es der Insulaner nicht mehr aushält, ruft er seine Einsamkeit in die Welt hinaus, probiert sinnvolle und unsinnige Anreden, bis er sich schließlich an diejenigen wendet, die gerade da sind – Kokosnüsse. „‚Na ihr‘, sagst du höflich, als du auf sie zugehst, ‚guten Tag, mein Name ist Klimbimson Kreuzer.‘“ Das Gedicht steht auf den ersten Seiten von Nils Mohls Band An die, die wir nicht werden wollen. Und wer ihn liest, wer sich auf die 168 von Regina Kehn vorzüglich illustrierten Seiten einlässt, der entscheidet selbst, ob er sich als Kokosnuss versteht, die von einem mitteilungsbedürftigen Einsamen wehrlos zugetextet wird, oder ob er sich auf das formal anspruchsvolle, schwierige, struppige, variantenreiche und dabei immer wieder funkelnd virtuose Buch einlässt.

Nils Mohl, Jahrgang 1971, der für sein jugendliterarisches Werk bereits vielfach ausgezeichnet wurde, entfaltet mit seinen mal mehr, mal weniger augenfällig geformten Gedichten, eingebauten Kommentaren und kurzen Prosastücken das Bild eines Übergangs zwischen Kindheit und Erwachsenenalter. Es ist der Countdown jener Zeit, in der die Erwartung der Welt dringlicher und das Widerstreben dagegen naturgemäß größer wird. Mohls Protagonist entwickelt dafür eine sehr besondere Perspektive und bietet sie jüngeren und älteren Lesern gleichermaßen an. Unsicherheit, Abwehr und zugleich Neugier auf das, was kommt, prägen diese „Teenager-Symphonie“, so der Untertitel des Buches. Ganz ähnlich wie das von seinem Urheber Brian Wilson ebenso bezeichnete Albumprojekt „Smile“ ist An die, die wir nicht werden wollen eine künstlerische, durchaus an lyrischen Traditionen geschulte Abbildung jener widersprüchlichen, chaotischen und intensiven Emotionen, die mit jenem unwiederbringlichen Alter einhergehen.

Mohl: An die, die wir nicht werden wollen (Tyrolia 2021)

Zur Preisverleihung laden die Deutsche Akademie für Kinder- und Jugendliteratur mit der Schwaben­akademie und der Marktgemeinde Irsee für den 1. Juli 2022 nach Irsee. In einer Feierstunde werden die Josef Guggenmos-Preise für Kinderlyrik 2020 und 2022 in die Schwabenakademie Irsee verliehen. Die Laudatio auf den Preisträger 2022, Nils Mohl, hält der Juryvorsitzende Arne Rautenberg.

Da die Preisverleihung 2020 pandemiebedingt nicht stattfinden konnte, wird in diesem Jahr auch die Schweizer Lyrikerin Leta Semadeni mit ihrem Werk Tulpen / Tulipanas gewürdigt, die Laudatio spricht der Wiener Dichter Michael Hammerschmid.

Der 2016 erstmals verliehene Kinderlyrikpreis wird von der Deutschen Akademie für Kinder- und Jugend­literatur verliehen. Die Raiffeisenbank Kirchweihtal stattet den Preis mit 3.000 Euro aus. Die Vergabe des Preises unterstützen neben der Kulturstiftung Irsee die Marktgemeinde Irsee sowie die Schwabenakademie Irsee. Von der Akademie Faber-Castell wird ein „perfekter“ Bleistift überreicht, der das Schreiben weiterer preiswürdiger Gedichte inspirieren kann.

Die Jury für den Josef Guggenmos-Preis für Kinderlyrik 2022

  • Arne Rautenberg (Lyriker, Preisträger 2016, Jury-Vorsitz)
  • Prof. Dr. Dr. Kurt Franz (Ehrenpräsident der Akademie)
  • Michael Hammerschmid (Lyriker, Preisträger 2018)
  • Dr. Claudia Maria Pecher (Präsidentin der Akademie)
  • Dr. Tilman Spreckelsen (Redakteur, FAZ)

Irsee ist der Geburtsort von Josef Guggenmos (1922–2003), hier verbrachte er einen Großteil seines Lebens. Im Rahmen des Festakts wird auch an den 100. Geburstag des Autors und Dichters Josef Guggenmos erinnert mit dem neuen Büchlein Du darfst den Kuchen auch versuchen. Josef Guggenmos – vierzehn Gedichte in der Reihe „Literarische Blütenlesen bekannter Kinder- und Jugendbuchautoren“.

Die Preisverleihung wird musikalisch von der Josef-Guggenmos-Grundschule umrahmt. Der Eintritt zur Veranstaltung am 1. Juli um 19 Uhr im neuen Gartensaal von Kloster Irsee ist kostenfrei.

Anmeldungen zur Veranstaltung und Fragen zur Übernachtung sind zu richten an
Schwabenakademie Irsee
„Josef Guggenmos-Preis für Kinderlyrik“
Klosterring 4, 87660 Irsee

oder unter der Rufnummer 08341 906-661 bzw. -662 sowie per E-Mail.

Einladung zur Preisverleihung der Guggenmos-Preise 2020 und 2022
Rautenberg/Sina (Hgg.): Du darfst den Kuchen auch versuchen. Josef Guggenmos – vierzehn Gedichte (Verlag Sankt Michaelsbund 2022) Reihe: Literarische Blütenlesen bekannter Kinder- und Jugendbuchautoren

Die Jury für den Josef Guggenmos-Preis für Kinderlyrik 2022

  • Arne Rautenberg (Lyriker, Preisträger 2016, Jury-Vorsitz)
  • Prof. Dr. Dr. Kurt Franz (Ehrenpräsident der Akademie)
  • Michael Hammerschmid (Lyriker, Preisträger 2018)
  • Dr. Claudia Maria Pecher (Präsidentin der Akademie)
  • Dr. Tilman Spreckelsen (Redakteur, FAZ)

EMPFEHLUNGSLISTE 2022

Karimé: Planetenspatzen (Picus 2022)

Andrea Karimé

Planetenspatzen

Mit Illustrationen von Raffaela Schöbitz.
Wien: Picus 2022. 64 Seiten. 15,00 Euro.
ISBN 978-3-7117-4025-0

Die mehrsprachig aufgewachsene Autorin versteht es ausgezeichnet, ihre Kompetenz literarisch umzusetzen. Ihre 27 Kindergedichte beruhen jeweils auf dem Wort einer fremden Sprache, das sie sprachspielerisch und humorvoll in deutschsprachige „Unsinnsreime“ verarbeitet. Diese lassen aber durchaus einen Sinn erkennen, vor allem durch die Bedeutung und die Assonanz der fremden Wörter, die sinnvollerweise farbig abgesetzt sind und deren Herkunft am Schluss erklärt wird, sodass bei Kindern Sensibilität für andere Sprachen entsteht. Wie herrlich sind Spielereien mit Wörtern wie dem kroatischen „lisa litza“ (Lutscher), dem polnischen „papuga“ (Papagei), dem tschechischen „knischka“ (Büchlein), dem griechischen „kokoras“ (Hahn) oder dem italienischen „spazio“ (Weltall). Bei aller sprachlichen Innovation werden die Kinder, die am Ende manchmal Hinweise zum (Vor )Lesen des Gedichts oder zum Selberdichten erhalten, Vieles entdecken, was an Märchen, Zaubersprüche und Abzählreime erinnert. Die phantasievollen ganzseitigen Illustrationen bilden eine sinnvolle Ergänzung zu den poetischen Texten.

Schlüter: Guruku Gugukuru (Bibliothek der Provinz 2020)

Manfred Schlüter (Text und Ill.)

Guruku Gugukuru
Gedichte für Kinder und andere Menschen

Weitra/A: Verlag Bibliothek der Provinz 2020. 88 Seiten. 18,00 Euro.
ISBN 978-3-99028-929-7

Mit Guruku Gugukuru hat der öfter ausgezeichnete Autor und Illustrator ein rundum gelungenes Buch geschaffen. In drei Kapiteln – EINS, ZWEI, DREI – denen er in traditioneller Weise inhaltliche Appetitmacher voranstellt, präsentiert er jeweils 16 Gedichte verschiedenster Art, sowohl was die Themen wie auch Sprache und Form betrifft, wobei sich vom Willkommensgedicht „Hallo!“ bis zum letzten Gedicht „Abschied“ ein sinnvoller Reigen ergibt. Auch wenn Schlüter seine großen Vorbilder wie Morgenstern und Ringelnatz nicht verleugnet, so sind seine sprachspielerischen, oft lautmalerischen Texte, deren Provenienz vom klassischen Reim („Heimatkunde“) bis zur konkreten Poesie („Klagelied einer stotternden Katze“) reicht, sehr innovativ. Seine Texte sind von Humor und hintergründigem Witz getragen und warten mit erstaunlichen Pointen auf, sein Ideenreichtum und seine sprachliche Gestaltungskraft scheinen unerschöpflich. So wird dieser bibliophil gestaltete bunte Gedichtreigen sowohl Kindern wie Erwachsenen große Freude bereiten.

Jeschke: Knackwurst und Rakete (FISCHER Sauerländer 2021)

Mathias Jeschke

Knackwurst und Rakete
Gedichte für Kinder und alle, die es werden wollen

Mit Illustrationen von Maja Bohn.
Frankfurt am Main: FISCHER Sauerländer 2021. 96 Seiten. 15,00 Euro.
ISBN 978-3-7373-5711-1

Lyrische Vielfalt macht Spaß! In acht Kapiteln rauscht der Stuttgarter Kinderlyriker Mathias Jeschke durch allerlei Phänomene und Gefühlslagen: Essen, Tiere, Fußball, Liebe, Wortspiel … Formal gelingt es ihm, die kinderlyrische Klaviatur breit anzuspielen: Vom freien Vers zum Reim, vom vertrackten Konzept- zum Listengedicht, vom Vierzeiler zur Fußballade wird in diesem von Maja Bohn frisch und frech illustrierten Gedichtband gelacht, geliebt, getrauert, gefeiert. Mit Schwung wird uns hier eine volle Kelle Lebensfreude aufgefüllt. Auch die leisen Töne kommen nicht zu kurz. Allerdings zeichnet sich der Band durch seine feinen lyrischen Einfälle aus, die einfach Spaß machen: Warum ist denn die Butter heute so ausgelassen?

Gutzschhahn: Mäusekino (Elif 2020)

Uwe-Michael Gutschhahn

Mäusekino
Ein Versfest für Kinder

Mit Zeichnungen von Manfred Schlüter.
Nettetal: elif 2020. 124 Seiten. 14,00 Euro.
ISBN 978-3946989295

Uwe-Michael Gutzschhahns Mäusekino lässt sich als Einführung in die Kunst des Mausgedichts in vier Kapiteln beschreiben. Das erste gilt der Erinnerungsarbeit des Dichters Gutzschhahn, der seine ersten als Kind verfassten Mäusegedichte rekonstruiert. Das zweite einer Sammlung von Mäusegedichten von Kindern. Das dritte Anregungen zum Weiter- und Selberschreiben und das vierte Mäusegedichten von Kinderlyrikern, nunmehr Mäusegedichtdichterinnen und dichter. Auf diese Weise entpuppt sich dieses mäusische Kompendium als eine Schule, ja Poetik des Mausgedichts: lehrreich, witzig, inter- und reaktiv und ganz sicher höchst kreativ. Den Gedicht- und/oder Mausinteressierten jeden Alters sei es mäusisch empfohlen. Sechs atmosphärisch stark aufgeladene Bilder von Manfred Schlüter und ein echtes Mäusedaumenkino runden das Werk ab.

Chirif: Das Meer (Baobab Books 2022)

Micaela Chirif

Das Meer

Mit Illustrationen von Armando Fonseca, Amanda Mijangos & Juan Palomino.
Aus dem Spanischen von Jochen Weber.
Basel: Baobab Books 2022.
40 Seiten. 18,50 Euro. Ab 5 Jahren.
ISBN 978-3-9072-7711-9

Die peruanische Kinderlyrikerin Micaela Chirif zaubert in Das Meer einen Reigen von elf Gedichten, in denen der Himmel, der Oktopus, der Wal, die Meerjungfrau, Fische, Sterne, Wolken, der Fischer, der Tiger, der Fluss und das Meer eine elementare und magische Welterkundung in Gang bringen. Jedes Phänomen, jedes Wort, jede Figur wird mittels Wiederholung auf dem Grat zwischen Nennen, Wundern und Wahrnehmen in poetische Schwingung versetzt. Einmal heißt es „Die Träume des Oktopus sind voller Wasser / Die Träume des Wassers sind voller Oktopusse / die träge auf dem Meeresgrund schlafen“. Illustriert wurde der Band mit derselben Sensibilität für das Sein und das Nichtsein wie sie sich in den Gedichten ausdrückt, zwischen suggestiver Farb- und Formgebung und der Weite des weißen Papiers.

Schomburg: Mattwoch, der 35. Miau (FISCHER Sauerländer 2022)

Andrea Schomburg

Mattwoch, der 35. Miau
Der verfluxte Bachstubentag

Mit Illustrationen von Barbara Scholz.
Frankfurt am Main: FISCHER Sauerländer 2022. 32 Seiten. 15,00 Euro.
ISBN 978-3-7373-5771-5

Nimm dich in Neun vor diesem Bilderbuch! Ein paar kleine Wort- und Vokalverschiebungen reichen, um den herkömmlich erwartbaren Sinn aus den Angeln zu heben. Und am Mattwoch, dem 35. Miau, ist genau das der Fall. Aus der Mama wird die Mimi, und die kocht Wickelpudding mit Vanillesuse, denn ihr Sohn, Herr Käsemeer, rückt an. Ein bisschen gaga, ein bisschen Dada, aus der Ferne grüßen Erich Kästners 35. Mai bzw. Mathias Jeschkes „Wechstabenverbuchsler“. Jedenfalls lädt das von Barbara Scholz leicht wimmelig und mit allerlei zusätzlichen Wunderworten illustrierte Buch zum fröhlichen Lese-Entdecken ein. Besonders geeignet für junge Erstleserinnen und Erstleser, welche den Worten, die hier zu entschlüsseln sind, sicherlich erst mit einem ungläubigen Schmunzeln begegnen werden – bevor sie sich ans Enträtseln des eigentlichen Wortsinns machen.

Die gesamte Pressemitteilung zum Herunterladen: PM Josef Guggenmos-Preis 2022 für Nils Mohl

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