Maria Friedrich

Geboren am 4. Juli 1922 in Darmstadt, gestorben am 12. Januar 2012 in München
Verlegerin, Herausgeberin

Prof. Dr. Dr. Kurt Franz
veröffentlicht am 03.04.2022

 

1 Biogramm

Maria Friedrich (Foto: © Privat)

Maria Friedrich (Foto: © Privat)

Maria Friedrich wurde am 4. Juli 1922 in Darmstadt als Tochter des Studienrats und späteren Studiendirektors Dr. Otto Maser und seiner Frau Maria, einer Konzertsängerin, geboren. Ihre Kindheit war von Krankheiten begleitet, so dass sie sich – auch als Einzelkind – etwas vereinsamt fühlte. Zum Leidwesen der Mutter schlug sie nicht die musikalische Laufbahn ein, allerdings las sie umso mehr, was ihr ganzes Leben prägte. Auch Sprechen und Rollenspielen war ihr besonders wichtig, da sie unbedingt Schauspielerin werden wollte. In den 1930er-Jahren besuchte Maria Friedrich das Gymnasium in Darmstadt. 1939, im Alter von 17 Jahren lernte sie bei einer Schulaufführung ihren späteren Mann Heinz Friedrich kennen. Während er 1940 eingezogen wurde, legte sie in Darmstadt das Abitur ab. Nach Ableitung eines Arbeitsdienstes studierte sie ab 1941 in München Theaterwissenschaft und Geschichte, ging 1942 drei Monate in Darmstadt auf die Schauspielschule und war ab 1943 in Göttingen als Dramaturgie- und Regieassistentin tätig. Allerdings erlebte sie auch hier Enttäuschungen, schließlich wurden ab 1944 alle Theater in Deutschland geschlossen. In den letzten Kriegsjahren lebte sie von Fabrikarbeit, kehrte nach Darmstadt zurück, wo ihr Elternhaus den Bomben zum Opfer gefallen war, ging kurz vor Kriegsende nach Wertheim am Main und hielt hier Rezitationsabende und Matineen ab.

1946 heiratete sie – praktisch mittellos – ihre Schulliebe, den aus dem Krieg zurückgekehrten Heinz Friedrich. Als dieser 1961 mit dem Aufbau eines neuen Taschenbuchverlages betraut wurde, begann für beide eine hektische Zeit in München. Auch für sie selbst eröffnete sich beruflich eine neue Perspektive, denn mit 49 Jahren begann 1971 ihr Weg als Jugendbuchverlegerin (vgl.: Wie wurde ich Verlegerin?, 1998), und so war sie von 1971 bis 1990 Leiterin von dtv junior. Danach übte sie noch eine akademische Lehrtätigkeit aus und ging weiteren einschlägigen Aktivitäten nach. Mit ihrem Mann Heinz Friedrich, der 2004 starb, lebte sie viele Jahrzehnte lang in einer idealen menschlichen und beruflichen Verbindung. Maria Friedrich starb am 12. Januar 2012 im Alter von knapp 90 Jahren in München.

 

2 Tätigkeit als Verlegerin 1971–1990

Da Maria Friedrich unmittelbar aus dem „Alltagsleben“ in den Beruf der Verlegerin eintrat, lag und liegt es nahe, von einem Akt der Selbstverwirklichung zu sprechen. Der klischeehafte Begriff ist irreführend, denn ein „eigenständiges Selbst mit ausgeprägten individuellen Begabungen, Neigungen, Fähigkeiten existierte auch schon vorher“; so wuchs Maria Friedrich „mit ihrer ganzen Person, mit dem Reichtum der Erfahrungen und der Fülle der Fähigkeiten sehr schnell in diese Aufgabe hinein“ (Maier 1989, S. 2). Auch wenn künstlerische Neigungen und Begabungen überwogen, waren bei ihr auch die notwendigen ökonomischen Fähigkeiten vorhanden.

Im Sommer 1970 schlossen sich auf Initiative der Verlegerin Erika Klopp zehn Jugendbuchverleger zusammen, u. a. Bitter, Boje, Dressler, Franckh, Hoch, Klopp, Oetinger, Schaffstein, Thienemann, Union, um nach dem Vorbild des Deutschen Taschenbuch Verlages eine Jugend-Taschenbuch-Union zu gründen; im Frühjahr 1971 waren es schließlich 12 Gesellschafter (vgl. Friedrich 1996). Dieser neue Verlagszweig im Deutschen Taschenbuch Verlag in München brauchte dringend einen Leiter. Da wurde Maria Friedrich mit dieser schweren Aufgabe betraut. Am 2. April 1971 startete die Reihe mit zehn Bänden; Nummer 1 war der bereits mit dem Sonderpreis des Deutschen Jugendbuchpreises prämierte Lyrikband Was denkt die Maus am Donnerstag? von Josef Guggenmos.

Dem Programm für die Veröffentlichung hatte Maria Friedrich folgende Kriterien zugrunde gelegt:

Anregung der Phantasie, Anleitung zum selbständigen Denken und Handeln, Wissensvermittlung auf anschauliche Weise, Darstellung von Lebensproblematik in Vergangenheit und Gegenwart, die Herausforderung kreativer Kräfte und nicht zuletzt das spielerische Vergnügen; – Bewahrung des Wertbeständigen, Akzentuierung aktueller Themen – das sind die Merkmale, die aus Bücherverwertung ein überzeugendes Taschenbuchprogramm machen (Friedrich 1996, S. 1).

Mit diesen Grundsätzen wurde dieser Verlagszweig ideell und materiell äußerst erfolgreich. Schon die Namen des ersten Jahres wie Astrid Lindgren, Otfried Preußler, Ursula Wölfel, James Krüss, Janosch, An Rutgers, Scott O’Dell u.a. dokumentieren dies. Dazu trug auch die typische Umschlaggestaltung bei, die in den ersten Jahren in Händen des Schweizers Celestino Piatti lag und später mit dessen Grundkonzeption von anderen Künstlern fortgeführt wurde.

Nach 20 Jahren, bei Ausscheiden von Maria Friedrich aus dem Verlag, waren rund 1.100 dtv junior-Bände erschienen, etwa 15 Prozent als Originalausgaben. Die Gesamtauflage betrug 37 Millionen Exemplare und der Anteil am Gesamtumsatz des dtv machte etwa 18 Prozent aus. Das verwundert nicht, denn Maria Friedrich hatte ein Gespür für Qualität und den notwendigen verlegerischen Weitblick, so dass sie die erfolgreichsten Titel auswählen und die bekanntesten Autoren an sich binden konnte. Mit den meisten stand sie in einem freundschaftlichen Verhältnis.

Allein Titel wie Tolkiens Der kleine Hobbit oder Hans Peter Richters Damals war es Friedrich, die fast gleichzeitig erschienen, erreichten jeweils Auflagen von über einer Million, was bei Richters Buch nicht zuletzt auf die schulische Kanonisierung zurückzuführen ist. Ähnlich erfolgreich waren die Bücher von Janosch, Uwe Timms Rennschwein Rudi Rüssel, Scott O’Dells Insel der blauen Delphine und viele andere. Dazu gehören auch einige Titel von Irina Korschunow, vor allem das von Reinhard Michl illustrierte Kinderbuch Der Findefuchs, das auch als Bilderbuch erschien und in zahlreiche Sprachen übersetzt wurde.

So finden sich im Verlagsprogramm fast alle bekannten Autoren- und Illustratorennamen, von denen ein Großteil auch auf den Prämierungslisten dieser Zeit, etwa des Deutschen Jugendliteraturpreises, auftaucht. Vor allem zu würdigen ist Friedrichs Bemühen um literarische Klassiker, auf die sie ein besonderes Augenmerk legte. Dazu zählen die 1984 von Walter Scherf herausgegebenen, in einer Kassette vereinigten Märchenbände von Musäus, illustriert von Herbert Holzing, der Brüder Grimm, illustriert von Alfred Zacharias, und von Bechstein, illustriert von Jindra Capek, die ihre Bedeutung bis heute beibehalten haben. In zwei Kassetten, Literaturbox 1 und 2, erschienen 1986 und 1987 literarische Texte aus der Weltliteratur.

Maria Friedrich hat auch an die jüngsten Leser gedacht, indem sie ab Oktober 1977 eine Schreibschrift-Reihe, die parallel in großer Druckschrift erschien, und ab 1985 dann die „Reihe für Lese-Anfänger“, später umbenannt in „Lesebär-Reihe“, initiierte. Ebenso hatte sie die Jugendlichen im Auge, für die ab 1979 unter der Zueignung „für junge Menschen, die mitdenken wollen – lesen, nachdenken, mitdenken“ die dtv pocket-Reihe auf den Markt kam. Diese Bände, erkennbar an ihrem roten Signalstreifen, griffen vor allem sozialkritische, zeitgeschichtliche und besonders jugendspezifische Entwicklungsprobleme auf.

Ganz wesentlich im Verlagsprogramm wurden auch die Sachbücher, deren Reihe 1977 mit den Sachbilderbüchern von David Macauley (Sie bauten eine Kathedrale u. a.) eröffnet wurde. Dazu kamen eine Biographie- und eine Lexikonreihe, so dass nicht nur ein dtv Opern-Führer, von Arnold Werner Jenssen, und ein dtv Schauspiel-Führer, von Klaus Jürgen Seidel, erschienen, sondern auch ein dtv junior Literatur-Lexikon, das Heinrich Pleticha herausgab.

Ein weiterer Schwerpunkt waren geschichtliche Themen. Schließlich hieß für lange Zeit der Slogan von dtv junior „Lesen macht stark“, der Titel eines von Frantz Wittkamp illustrierten Sachbuches über Bücher und Lesen von Kurt Franz (1980), das ein besonderes Anliegen der Verlegerin war und neun Auflagen erreichte. Zum zehnten Geburtstag von dtv junior 1981 erschien die neue Reihe „buch & spiel“, eine Art Quartett- und Ratespiel, mit dem Wissen über Komponisten, Maler und Dichter vermittelt wurde. Den ersten erfolgreichen Band, Kennst du diese Komponisten?, hatte Ulrike Schultheis, eine Tochter von Maria Friedrich, bearbeitet. Hinzu kam eine Reihe mit Reiseführern, die erste Eindrücke von den jeweiligen Ländern vermittelten.

dtv junior-Programm 1981

dtv junior-Programm Sommer 1981

Haas (Hrsg.): Lesen in der Schule. Lehrertaschenbuch (dtv 1980 ff.)

Lesen in der Schule (dtv ab 1980)

Da sich Taschenbuchausgaben naturgemäß als günstige Klassensätze anbieten und viele dtv junior-Titel zweifellos didaktisch besonders geeignet und bei Schülern und Lehrern sehr beliebt waren, kam Maria Friedrich auch diesen Anforderungen nach, indem sie ab 1980 eine Loseblatt-Sammlung Lesen in der Schule mit dtv junior und dtv erscheinen ließ. Diese „Anregungen und Unterrichtsvorschläge“ für die Primar- und Sekundarstufe wurden von Gerhard Haas, Professor der Pädagogischen Hochschule Reutlingen, konzipiert und zunächst von ihm herausgegeben. Später wurde die Reihe in Taschenbuch-Form fortgesetzt.

Selbst die Verlagsprospekte waren sehr ansprechend und kindgemäß gestaltet, teilweise mit einschlägigen Preisausschreiben versehen, so dass sie auch von Kindern selbst benützt werden konnten.

Diese skizzierten Beispiele können das Engagement und die Kreativität der Verlegerin Maria Friedrich längst nicht umfassend beschreiben, sie zeigen aber deutlich, welche immense Bedeutung sie in den zwanzig Jahren ihres Wirkens für den Erfolg und das große Prestige des Verlags hatte.

 

3 Weitere Aktivitäten und akademische Lehrtätigkeit nach 1990

Über ihre berufliche Tätigkeit hinaus hat sich Maria Friedrich auch jahrelang ehrenamtlich für das Kinder- und Jugendbuch eingesetzt und hat immer wieder Aufgaben in literarischen Institutionen und Gremien übernommen. Von 1984 bis 1990 wirkte sie im Vorstand der Arbeitsgemeinschaft von Jugendbuchverlegern in der Bundesrepublik Deutschland, im Börsenverein war sie Mitglied der AG Jugendbuch und von 1985 bis 1988 war sie deren Vorsitzende. Auch für das Projekt „Das lesende Klassenzimmer“ war sie tätig. Schon 1983 wurde sie korrespondierendes, dann ordentliches Mitglied der Deutschen Akademie für Kinder- und Jugendliteratur in Volkach, wo sie regelmäßig an den jährlichen Veranstaltungen teilnahm und sich stark engagierte, u. a. als Präsidiumsmitglied. Seit 1993 war sie Jurymitglied des Kinder- und Jugendbuchpreises des Deutschen Ärztinnenbundes, der „Silbernen Feder“, und seit 1996 gehörte sie als Vorstandsmitglied der Erich Kästner-Gesellschaft in München an. Schließlich war die große Goethe-Verehrerin lange Zeit Mitglied der Goethe-Gesellschaft in Weimar, wo sie am ganzen Geschehen regen Anteil nimmt.

Nach Beendigung ihrer hauptberuflichen Verlagstätigkeit begann Maria Friedrich eine zweite Karriere. Sie stieg in die universitäre Laufbahn ein, indem sie seit 1986 mehr als zehn Jahre einen Lehrauftrag an der Akademie der Bildenden Künste in München wahrnahm. Ihre berufliche Tätigkeit als Verlegerin und ihre lange Erfahrung im Umgang mit Text und Bild ließen sie geradezu prädestiniert erscheinen für einen künstlerischen Bereich, der bis dahin auf akademischer Ebene sträflich vernachlässigt worden war. So lagen ihre Veranstaltungsthemen im Umkreis von „Bild und Buch“, also der Illustration von Bilder-, Kinder- und Sachbüchern. Der Zulauf in die praxisorientierten Veranstaltungen war groß, da sich hier den Studierenden neue Berufsfelder eröffneten; der Erfolg war beeindruckend, nicht nur weil sich etliche Studierende im Bereich der Bilderbuchillustration bald etablieren konnten, wie etwa Susann Opel-Götz.

Die Seminare liefen nicht im Verborgenen ab, denn man ging auch an die Öffentlichkeit, indem den Studierenden Gelegenheit geboten wurde, ihre Werke in Ausstellungen zu zeigen. Im Jahre 1992 wurde Maria Friedrich von der Akademie der Bildenden Künste in München in Anerkennung ihrer großen Leistungen zur Honorarprofessorin ernannt. Ihre Tätigkeit in München ging zwar 1997 zu Ende, doch setzte sich ihre universitäre Lehrtätigkeit nahtlos fort. Schon seit dem Wintersemester 1995/96 hatte sie am Institut für Germanistik der Universität Regensburg einen regelmäßigen Lehrauftrag übernommen, um das Lehrangebot im Bereich Buch- und Verlagswesen zu ergänzen. Mit ihrer Veranstaltung über „Buch und Verlagswesen“, exemplarisch auf der Grundlage des Kinder- und Bilderbuchs, eröffnete sie den Studierenden der Germanistik ebenfalls neue berufliche Wege. Die feste Verpflichtung in Regensburg beendete Maria Friedrich im Sommersemester 2001, doch stand sie noch immer für Gastvorträge bereit.

Ihre Liebe zur Literatur – allen voran Goethe – ließ Maria Friedrich nicht ruhen. Seit 1995 hielt sie mit großer Beteiligung privat einen monatlichen Literaturzirkel ab, in dem mit intensivster Anteilnahme jeweils bestimmte Autoren, Werke, Epochen thematisiert und diskutiert sowie Lesungen u. a. veranstaltet wurden. Nach dem Tod ihres Mannes 2004 war sie vor die Aufgabe gestellt, die Belange der Heinz-Friedrich-Stiftung zu regeln und die Weichen für die Zukunft zu stellen. 2005 fand in der Bayerischen Staatsbibliothek die Ausstellung „Heinz Friedrich – Ein Leben im Gegenglück des Geistes“ statt.

 

4 Herausgebertätigkeit

Maria Friedrich hatte in ihrer beruflichen Tätigkeit eine so enge Bindung an die von ihr betreuten Bücher, dass es fast zu wenig wäre, nur von einer verlegerischen Betreuung zu sprechen. Viele Bücher wurden geradezu ihr geistiges Eigentum, das sie in die Welt hinaus entließ. Abgesehen davon hat sie aber auch unter ihrem Namen Sammelbände herausgegeben. Das begann 1966 bei dtv mit einem Band spanischer Liebesgeschichten, Die Macht des Blutes (1966). 1979 erschienen dann zwei Anthologiebände, die mit ihren Einführungen in das Leben der Autoren und in die ausgewählten Geschichten nicht nur Lesevergnügen vermittelten und Informationen boten, sondern zur Fundgrube für Pädagogen wurden. Der eine, umfangreichere Band, Unheimliche Geschichten von gestern. Klassische deutsche Erzählungen aus dem 19. Jahrhundert (unter Mitarbeit von Dorothea Hölscher-Lohmeyer und Albert von Schirnding), enthält acht realistische, aber von unheimlichen Vorfällen geprägte Geschichten, deren Bogen sich von Goethe bis Fontane spannt. Der andere Band, Sonderbare Geschichten von heute. Erzählungen moderner deutscher Klassiker (unter Mitarbeit von Heinz Friedrich, Steffi Hofmann-Lips, Elisabeth Meier und Tilde Michels), bietet dreizehn Geschichten, die sonderbar, also seltsam und eigenartig, erscheinen, wie Kafkas Hungerkünstler, Bölls An der Brücke oder Schnurres Begräbnis.

In der Gedichtanthologie Hinterm Ofen zu lesen. Ein Hausbuch mit fröhlichen Versen von gestern, mit Bildern von Ludwig Richter, die 1980 erschien, kann man durchaus eine Lebenshaltung der Herausgeberin erkennen. Die Sammlung ist nicht nostalgisch-sentimental zu verstehen, die zeitlosen alten Gedichte verleihen der Heiterkeit Ausdruck:

Heiterkeit heißt, sich über die Sorgen und Nöte der Zeit zu erheben anstatt sich ihnen auszuliefern. Deshalb möge der Leser auch zu diesem Hausbuch, das heitere und besinnliche Verse aus dem immerwährenden Bestand deutscher Lyrik […] vereinigt, wie zu einem bewährten Hausmittel greifen, um sein Gemüt zu erfreuen (aus dem Vorwort).

Friederich (Hrsg.): Hinterm Ofen zu lesen (dtv 1980)

Hinterm Ofen zu lesen (dtv 1980)

Friedrich (Hrsg.): Tages- und Jahresfreuden (insel 1995)

Tages- und Jahresfreuden (Insel 1995)

Dieses Hausbuch, das einen echten Lyrikschatz in sich vereinigt, war recht erfolgreich; es erschien 1987 in zweiter Auflage und 1995 überarbeitet unter dem Titel Tages- und Jahresfreuden. Ein Hausbuch mit fröhlichen Versen, jetzt als Taschenbuch im Insel-Verlag, mit anderer Anordnung, ohne Illustrationen und mit einem ausführlichen Vorwort, das den Aufbau erläutert und literarhistorische Einblicke vermittelt. Es richtete sich vor allem an diejenigen Leser, die „das Buch auch als Ganzes erfassen wollen“ (Vorwort, S. 9).

Anlässlich des 10-jährigen Jubiläums von dtv junior 1981 stellte Maria Friedrich das dtv junior Lesebuch zusammen, mit dem Untertitel: Neue Geschichten, Gedichte und Bilder. Für Kleine und Große zum Lachen und zum Nachdenken. Hierin sind unveröffentlichte Texte von 14 sehr bekannten Autoren und Autorinnen versammelt sowie Bilder von 15 ebenso bekannten Illustratoren und Illustratorinnen von dtv junior. Gerade eine solche Anthologie stellt eine Rarität dar, da sie – nicht zuletzt durch die in Form eines Fragebogens jeweils vorangestellten Autoren-Steckbriefe – ein Spiegel der kinderliterarischen Entwicklung überhaupt ist.

 

5 Auszeichnungen und Würdigungen

Friedrich/Göbel (Hrsg.): Hommage à Maria Friedrich (Privatdruck 1982)

Hommage à Maria Friedrich (Privatdruck 1982)

Für ihre Verdienste auf den verschiedensten beruflichen Feldern, vor allem als Verlegerin, erhielt Maria Friedrich zahlreiche Auszeichnungen: 1987 das Bundesverdienstkreuz am Bande, 1991 den Bayerischer Verdienstorden, 1994 die Medaille Pro Meritis des Bayerischen Staatsministeriums für Unterricht und Kultus. Als sie 1989 den Volkacher Taler der Deutschen Akademie für Kinder- und Jugendliteratur erhielt, war dies die Würdigung für ihre engagierte Mitwirkung in dieser Institution (Maier 1989; Pleticha 1997).

Gerade die Jubiläen, die ‚runden‘ Geburtstage Maria Friedrichs wie auch des Verlags – und das waren in der langen Zeit nicht wenige –, gestalteten sich zu unvergesslichen gemeinsamen Feiern. Wenn die allseits anerkannte und verehrte Verlegerin lud, kamen alle sehr gerne, Schriftsteller, Illustratoren, Verleger und Freunde. Nirgends wurde deutlicher, wie sehr die an der Entstehung von Büchern Beteiligten ein harmonisches Ganzes bildeten.

So gerieten auch die entsprechenden Widmungsbücher wiederum zu kleinen Kunstwerken für sich. Zum 60. Geburtstag der Verlegerin wurde der Band Hommage à Maria Friedrich, herausgegeben von Heinz Friedrich und Wolfram Göbel, als Privatdruck aufgelegt (1982). Er bietet in den vielfältigsten Formen Widmungen, Danksagungen, Grußadressen in Wort und Bild von über 50 Autoren und Illustratoren des Verlags, von Astrid Lindgren und Ursula Wölfel, von Josef Guggenmos und James Krüss, von Peter Härtling und Janosch, von Lilo Fromm und Franz Wittkamp. Die schönsten Worte hat ihr Ehemann in der Einleitung gefunden, bei dem Versuch zu erklären, warum Maria Friedrich verehrt, geliebt wird. Im Namen der Gratulanten schreibt er abschließend:

Die in diesem Strauß freundschaftlich duftender Papierblumen zur Hommage à Maria Friedrich Vereinigten danken der Jubilarin für die schöpferische Herausforderung ihrer verlegerischen Existenz. Sie danken ihr für das Vertrauen, die Zuneigung und für das Verständnis, das sie ihnen in mehr als zehn Jahren entgegenbrachte. Sie danken ihr für ihre menschliche Wärme und Freundschaft und wünschen sich und ihr noch viele Jahre produktiver Zusammenarbeit!

Und Astrid Lindgren erinnert sich bei ihrem Wunsch für die kommenden Lebensjahre an ein deutsches Lied, das sie als junges Mädchen oft gesungen hat: „Maria, du bist schöner als der Sonnenschein“, und sie überträgt das Bild auf die Wärme und Liebe, die Maria Friedrich ausstrahlt. Tilman Michalski porträtiert die Verlegerin in Form einer Quartettkarte.

Zum Abschied von Maria Friedrich aus dem Verlag im Juli 1991 schufen Irina Korschunow (Text) und Reinhard Michl (Bilder) das kleine Bändchen Merrymaus, „eine Geschichte, die viel mit Maria Friedrich zu tun hat. Auch sie hat viele Kinder mit ihren Taschenbüchern fröhlich gemacht, ähnlich wie Merrymaus mit ihren Liedern“ (Vorwort, S. 8). Zunächst als Privatdruck aufgelegt, erschien die Geschichte im nächsten Jahr in der Reihe „dtv junior Lesebär“ (1992).

Schon zu Lebzeiten war sie in der Kinderbuch- und Verlegerszene äußerst beliebt, und ihre entsprechenden Kompetenzen wurden allgemein anerkannt. Heinrich Pleticha (1997), früherer Präsident der Deutschen Akademie für Kinder- und Jugendliteratur und einer ihrer wichtigen Sachbuchautoren, erinnert nicht nur daran, welche Ehre und welches Vergnügen es war, mit Maria Friedrich zusammenzuarbeiten, er hebt auch ihre Einsatzbereitschaft hervor, die sie nicht daran gehindert habe, „stets offen und kritisch Stellung zu beziehen, wo nach ihrer Meinung Kritik angebracht war“; mit ihrem feinen Gespür für Spannungen habe sie sich stets unvoreingenommen um Ausgleich bemüht.

In der Laudatio bei Verleihung des Volkacher Talers 1989 würdigte Karl Ernst Maier ihre spezifischen Fähigkeiten:

Wenn wir von Maria Friedrichs Fähigkeiten reden, die den dtv junior zu einem der erfolgreichsten und angesehensten Jugendtaschenbuchverlage machten, dann ist wohl vorab ihre kreative Kraft zu nennen, ihre Begabung, Neues zu denken und anzuregen oder schon Gedachtes und Hervorgebrachtes in anderer Weise zu strukturieren und lebendig werden zu lassen.

Anlässlich der Feier zu ihrem 80. Geburtstag in Kloster Seeon wurde ihr im Juli 2002 als Überraschung die „Goldene Nadel“ des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels für langjährige Verdienste in verschiedenen Funktionen, besonders als Vorsitzende der AvJ, verliehen. Am Ende ihrer aktiven beruflichen Tätigkeit hatte ihr der Börsenverein Landesverband Bayern schon die Ehrenmitgliedschaft verliehen.

 

Literaturverzeichnis

Primärliteratur

  • (Hrsg.): Die Macht des Blutes. Spanische Liebesgeschichten. München: dtv 1966.
  • (Hrsg.): Unheimliche Geschichten von gestern. Klassische deutsche Erzählungen aus dem 19. Jahrhundert. Mit Einführungen in das Leben der Autoren und in die hier ausgewählten Geschichten. Unter Mitarbeit v. Dorothea Hölscher-Lohmeyer u. Albert von Schirnding. München: dtv 1979.
  • (Hrsg.): Sonderbare Geschichten von heute. Erzählungen moderner deutscher Klassiker. Mit Einführungen in das Leben der Autoren und in die hier ausgewählten Geschichten. Unter Mitarbeit v. Heinz Friedrich, Steffi Hofmann-Lips, Elisabeth Meier u. Tilde Michels. München: dtv 1979.
  • (Hrsg.): Hinter dem Ofen zu lesen. Ein Hausbuch mit fröhlichen Versen von gestern. Mit Bildern v. Ludwig Richter. München: dtv 1980; 2. Aufl. 1987.
  • (Hrsg.): dtv junior Lesebuch. Neue Geschichten, Gedichte und Bilder. Für Kleine und Große zum Lachen und zum Nachdenken. München: dtv 1981.
  • Lieber Herr Pleticha! In: Der Weg ins Unbekannte. Begegnungen mit Heinrich Pleticha. Eine Festschrift zum 70. Geburtstag. Hrsg. im Auftrag des Arena Verlags v. Herbert Ossowski. Würzburg: Arena 1994, S. 42-49.
  • (Hrsg.): Tages- und Jahresfreuden. Ein Hausbuch mit fröhlichen Versen. Frankfurt am Main, Leipzig: Insel 1995.
  • dtv junior im Deutschen Taschenbuch Verlag. In: Kurt Franz/Günter Lange/Franz-Josef Payrhuber (Hrsg.): Kinder- und Jugendliteratur – Ein Lexikon. Meitingen: Corian 1996, S. 1-5.
  • Wie wurde ich Verlegerin? In: Galli, Rita et al. (Hrsg.): Ausgerechnet Büchner. Einunddreißig verlegerische Selbstportraits. Berlin: Ch. Links 1998, S. 70-80.
  • 30 Jahre dtv junior. Eine Rückerinnerung an die Anfänge. In: Volkacher Bote Nr. 72, April 2001, S. 8-9.

Sekundärliteratur

  • Franz, Kurt: Maria Friedrich wurde 80. In: Volkacher Bote Nr. 76, 2002, S. 15.
  • Gärtner, Hans: Maria Friedrich. In: Münchner Palette, Herbst 2002, S. 30-31.
  • Koppe, Susanne: Zwanzig Jahre dtv junior. Abschied von Maria Friedrich. In: Eselsohr 10 (1991), H. 7, S. 26-27.
  • Maier, Karl Ernst: Künstlerisches Gespür und Können. Aus der Laudatio für Maria Friedrich. In: Volkacher Bote Nr. 35, 1989, S. 2-3.
  • Pleticha, Heinrich: Maria Friedrich und die Akademie. In: Volkacher Bote Nr. 61, 1997, S. 10.
  • Rumler, Gerd: Ihr Idealismus galt der Sache. Am 12. Januar 2012 verstarb die dtv junior-Gründerin und langjährige Verlegerin Maria Friedrich im Alter von 89 Jahren. In: JuLit 38 (2012), H. 1, S. 71-72.
  • Spangenberg, Christa: Lesen macht stark [Maria Friedrich zum 80. Geburtstag]. In: JuLit 28 (2002), H. 2, S. 82-84.