#erzählengegendasvergessen | ERZÄHLEN GEGEN DAS VERGESSEN – DAS JAHR 1933 IN GESCHICHTE UND GEGENWART | LITERATUR FORUM 2023

ERZÄHLEN GEGEN DAS VERGESSEN
Das Jahr 1933 in Geschichte und Gegenwart

11./12. Mai 2023
Schelfenhaus Volkach

Einladung

Das Jahr 1933 begann mit der Machtergreifung am 30. Januar und der Abschaffung der Gewaltenteilung im Ermächtigungsgesetz vom 24. März. Wohin die Nationalsozialisten das Land derart ermächtigt steuern würden, konnte man bereits von März bis Oktober 1933 in den Bücherverbrennungen erkennen. Werke unzähliger Autorinnen und Autoren fielen dem ideologischen Hass der Hitlerpartei zum Opfer. Die Flammen deuteten an, welche noch ungleich größeren Schrecken folgen sollten: „Dort, wo man Bücher verbrennt, verbrennt man am Ende auch Menschen“ (H. Heine).

1933 ist Mahnmal der Geschichte und Auftrag für die Gegenwart gleichermaßen. 2023 jähren sich die schrecklichen Ereignisse dieses Jahres zum 90. Mal – Anlass genug, sich mit der Frage zu beschäftigen: Welche Lehre können wir aus der Vergangenheit ziehen? Wie kann Literatur gegen das Vergessen der Vergangenheit aussehen? Und welchen Beitrag zur Gestaltung einer gelingenden Zukunft unserer weltoffenen Gesellschaft können Literaturschaffende, Pädagoginnen und Pädagogen, Büchereien und andere Akteure der Bildungs- und Kulturlandschaft leisten?

Wir laden Sie herzlich zu unserem Literatur- und Austauschforum ein und freuen uns, mit möglichst vielen Interessierten im Schelfenhaus in Volkach dieses wichtige Thema anzugehen!

Das Literaturforum eignet sich als Fortbildung für Bibliothekarinnen und Bibliothekare, Lehrerinnen und Lehrer, Literatur- und Kulturvermittlerinnen und -vermittler, Studentinnen und Studenten sowie alle Literaturbegeisterten.

Dr. Claudia Maria Pecher, Dr. Jana Mikota und Maximilian Mihatsch

#erzählengegendasvergessen

Zum Geleit

Sehr geehrte Damen und Herren,

alle Kinder sollten Zugang zu altersgerechter Literatur haben, damit sie ihr Wissen über ihre Kultur, ihre Geschichte und ihr Umfeld erweitern können. Ermöglicht ihnen doch Literatur, sich emotional, sprachlich und intellektuell zu entwickeln. So besagt der Artikel 17 der Kinderrechtskonvention, dass der Staat „die Massenmedien ermutigen [soll], Informationen und Material zu verbreiten, die für das Kind von sozialem und kulturellem Nutzen sind“.

Neben phantasieanregenden, wissensfördernden Büchern ist es eben auch die Aufklärung über unsere Vergangenheit, die hier eine wichtige Rolle einnehmen sollte. Daher bin ich Ihnen, der Deutschen Akademie für Kinder und Jugendliteratur, sehr dankbar, dass Sie mit der Tagung „Erzählen gegen das Vergessen“ einen Schwerpunkt auf den Beginn des dunkelsten Kapitels in der deutschen Geschichte legen.

Dieser Beitrag ist so wichtig, da sich antisemitische und rassistische Hetze wieder verstärkt verbreitet und sich beschleunigt vom Netz in den Köpfen allzu Vieler einnistet. Aus Worten werden Taten – wie in Halle und Hanau. Es ist klar: Wir müssen denen entschieden entgegentreten, die aus der Geschichte nichts gelernt haben und nichts lernen wollen.

Und was vermag dabei die Literatur? Sie schafft es, uns die Schicksale, die Taten und Begebenheiten vor Augen zu führen. In einem stillen Gespräch kann etwas mit den Kindern und Jugendlichen geschehen. Deutlicher als es im Alltag geschieht, wird ihnen bewusst, wie fragil das Menschendasein ist, die Würde, das Leben, die Freiheit. Und dass sie immer eine Wahl haben: ob sie zu den Bedrohern, den Gleichgültigen oder Mitfühlenden und Bewahrenden gehören wollen.

In diesem Sinne wünsche ich Ihnen anregende Gespräche und Diskussion!

Joachim Gauck
Bundespräsident a. D.

Sehr geehrten Damen und Herren,

bereits als Schülerin haben mich im Geschichtsunterricht die Berichte über die Bücherverbrennung durch die Nationalsozialisten schwer erschüttert. 90 Jahre liegen zwischen uns und diesem schrecklichen Einschnitt in der Geschichte Deutschlands.
Diese Veranstaltung steht ganz im Zeichen des Erinnerns und des Rekapitulierens. Beides sind dabei ganz zentrale Aspekte der Aufarbeitung von Geschichte: Es gilt, gegen das Vergessen anzukämpfen, Geschehenes einzuordnen und in Überlegungen für die Zukunft einzubeziehen.

Die Erinnerung an geschehene Gräueltaten auf deutschem Boden muss für unsere demokratische und freiheitsliebende Gesellschaft Antrieb sein, unsere Werte immer wieder aufs Neue zu verteidigen und in breiten gesellschaftlichen Debatten darzustellen.

Besorgt nehme ich daher die erneut steigenden Zahlen antimuslimischer, aber auch antisemitischer und antiziganistischer Straftaten wahr. Wir müssen unsere Anstrengungen erhöhen, um gegen jedwede Form von Rassismus und Diskriminierung vorzugehen und den interreligiösen Dialog zu stärken. Es ist unsere humanitäre Pflicht, aus den Fehlern vergangener Generationen zu lernen und jenen, die neu in unserer Mitte sind, Werte wie Pressefreiheit, Gewaltenteilung und Gleichberechtigung näher zu bringen.

Das gilt auch insbesondere für Personen, die in Deutschland aufgewachsen sind und sich im Dunstkreis extremistischer Organisationen und Überzeugungen bewegen. Das Fundament unserer Handlungen bilden die Menschenrechte und unsere Verfassung. Diesem Wertekodex müssen sich Individuen, Religionsführer und Politikerinnen und Politiker unterordnen.

Es ist von zentraler Bedeutung, Orte der Begegnung zu schaffen, um Vorurteile abzubauen und Gemeinsamkeiten in den Vordergrund zu stellen. Wichtig sind vor allem zwei Dinge: Heranwachsende zu sensibilisieren und sie mit interkulturellen Kompetenzen auszustatten und Extremisten mit allen Mitteln des Rechtsstaats zu verfolgen. Ich begrüße ausdrücklich die Verbesserung der Möglichkeiten der Verfolgung von Straftaten im digitalen Raum. Hass und Fremdenfeindlichkeit dürfen weder im Alltag noch in Echokammern im Netz Raum finden.

Bayerische Initiativen wie „Youth Empowering Youth (YEY)“ oder deutschlandweit agierende Projekte wie „Heroes“ arbeiten mit Jugendlichen aller Kulturen und fördern den Dialog unterschiedlicher Religionen, das Demokratieverständnis sowie ein gutes Miteinander unabhängig von der Herkunft.

Auch bei mir steht das Jahr 2023 im Zeichen der Bekämpfung von Rassismus und der Stärkung des interreligiösen Dialogs: Ich werde Jugendgruppen und Schulen mit Podcasts und kurzen Videogeschichten Werkzeuge an die Hand geben, um mit Jugendlichen zu arbeiten und sie in diesen wichtigen Bereichen zu sensibilisieren.

Veranstaltungsformate wie diese Jahrestagung leisten einen wesentlichen Beitrag zum gesellschaftlichen Zusammenhalt. Wir sind unschuldig für die Taten vergangener Generationen, tragen aber die Verantwortung für Entwicklungen in der Gegenwart und prägen zukünftige Generationen mit unserer Haltung. Von daher bitte ich Sie: Treten Sie ein gegen Vorurteile, Rassismus und Diskriminierung in jedweder Form. Bringen Sie sich ein für ein gutes Miteinander, bauen Sie Brücken zwischen unterschiedlichen Kulturen und beurteilen Sie andere nicht durch das Trennende, sondern das Gemeinsame.

Gudrun Brendel-Fischer, MdL
Integrationsbeauftragte der Bayerischen Staatsregierung

LITERATUR FORUM 2023: Programm

Programm Literatur Forum 2023

20:00 Uhr
Alois Prinz und Johannes Öllinger
Verbrannte Bücher, zerstörte Leben

Der Gitarrist und Sänger Johannes Öllinger umrahmt Alois Prinz’ Vortrag mit vertonten Gedichten und Briefen von Autorinnen und Autoren verbrannter Texte sowie mit Werken von Komponisten, deren Musik als „entartet“ diffamiert wurde.

Infos zur Veranstaltung

DONNERSTAG, 11. MAI 2023

10:00 Uhr
Dr. Claudia Maria Pecher und Stefan Eß (Sankt Michaelsbund, München)
Eröffnung des Literaturforums im Schelfenhaus

10:30 Uhr
Prof. Dr. Thomas Weber (University of Aberdeen & Hoover Institution, Stanford University)
Als die Demokratie starb.
Die Machtergreifung der Nationalsozialisten – Geschichte und Gegenwart (Herder)

11:30 Uhr
Prof. Dr. Jörg Baberowski (Humboldt-Universität zu Berlin)
Die Rezeption und Folgen des Jahres 1933 in der Sowjetunion


12:30 Uhr – 14:00 Uhr » Mittagspause


14:00 Uhr
Uwe Wittstock (Frankfurt am Main) im Gespräch mit Prof. Dr. Jörg Baberowski (Berlin)
Februar 1933. Der Winter der Literatur (C.H. Beck)
Oder: Die Zerstörung eines Rechtsstaats in vier Wochen

14:45 Uhr
Ursula Flacke (Altweilnau)
1933! Feuer (Horlemann)


15:30 Uhr – 16:00 Uhr » Kaffeepause


16:00 Uhr
Max Kronawitter (München)
Wie verlässlich sind Zeitzeugen?
Erfahrungen eines Filmemachers mit einstigen Häftlingen in Konzentrationslagern

16:30 Uhr
Prof. Ulrich Limmer (München)
„Schon wieder ein Nazi Film?!“

17:15 Uhr
Workshops zur praktischen Vermittlung in Bücherei und Schule

  1. Ursula Flacke und Dr. Monika Rox-Helmer (Justus-Liebig-Universität Gießen)
    Der Roman „1933. Feuer!“ von Ursula Flacke
    Sein didaktisches Potential für fächerverbindendes Lehren und Lernen und methodische Bausteine für den Unterricht
  2. Antonie Schneider (Autorin, NordSüd Verlag, Thienemann-Esslinger Verlag)
    Von Toleranz und einem demokratischen Miteinander – Ideen für die Grundschule
  3. Reiner Engelmann (Autor, cbj/cbt, Penguin Random House Verlagsgruppe)
    Zeitzeugenbiografien: Chancen für ein historisch-politisches Lernen
  4. Mathias Kaspar (Europäische Janusz Korczak Akademie; Youthbridge)
    Wie kann man Verschwörungsmythen spielerisch enttarnen?

18:30 Uhr – 20:00 Uhr » Abendessen


20:00 Uhr – 21:00 Uhr
Dr. Harald Parigger (Amerang), Iris Schürmann-Mock (Bornheim)
Auf den Spuren vergessener Schriftstellerinnen und Schriftsteller

Moderation: Dr. Jana Mikota (Universität Siegen)

9:15 Uhr
Prof’in. Dr. Gabriele von Glasenapp (Universität zu Köln)
„… alles außer Emil“
Kinder- und Jugendliteratur und die Bücherverbrennung von 1933

10:00 Uhr
Prof. Dr. Marcus Stiglegger (msd | münster school of design)
Erwachsenwerden als Bewusstwerden
Coming-of-Age-Film im Kontext des Holocaust


11:00 Uhr – 11:30 Uhr » Kaffeepause


11:30 Uhr
Dr. Josef Schuster (Vorsitzender des Zentralrats der Juden, Berlin)
1933 und heute – Eine jüdische Perspektive

12:15 Uhr
Prof. Dr. Michael Wolffsohn (München)
Erinnern ohne Phrasen?


13:00 Uhr » Tagungsende


Informationen zur Anmeldung

Die Anmeldung zum LITERATUR FORUM 2023 ist kostenfrei.
Die Fortbildung wird bei FIBS registriert.
Für die Teilnahme am LITERATUR FORUM wird ein Fortbildungszertifikat ausgestellt.

Anmeldungen sind bis 5. Mai 2023 per E-Mail oder auf dem Postweg möglich (PDF-Anmeldebogen (beschreibbar)).

Wir weisen darauf hin, dass bei den Veranstaltungen Foto- bzw. Videoaufnahmen gemacht werden. Mit der Anmeldung willigen Sie in die mögliche Veröffentlichung von Bildern ein.

Das LITERATUR FORUM 2023 findet in Kooperation mit der Geschäftsstelle der Integrationsbeauftragten der Bayerischen Staatsregierung und dem Sankt Michaelsbund, Landesverband Bayern e. V., statt.

Integrationsbauftragte Bayern
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